Tante Ralf! Weichei! Angsthase! BMW-Williams und Medien verhöhnen Schumi II
Ferrari-Schumi: «Hört auf, über meinen Bruder zu lästern!»
VON ROGER BENOIT AUS KANADA
MONTREAL – Der Name bürgt in der Formel 1 für Qualität: Schumacher. Aber auch der Vorname ist wichtig: Michael. Das weiss auch dessen Bruder Ralf.
Beim GP Kanada verlor Ralf (27) im BMW-Williams das Schumi-Duell gegen Michael (34) im Ferrari um 0,7 Sekunden. Bruderkuss auf dem Podest, strahlende Gesichter, zwei glückliche Menschen und Rennfahrer.
Aber schon während des Rennens hatten sich im Pressesaal und auch im Lager von BMW-Williams Gewitterwolken in Form von bösen Worten entladen.
«Die Tante Ralf hat in sieben Formel-1-Jahren noch keine fünf Autos überholt. Warum soll er jetzt Michael angreifen?», höhnten deutsche Kollegen. «Ralf ist und bleibt eben ein Weichei», brüllte ein anderer.
Und an den Boxen ging dem erbarmungslosen Williams-Direktor Patrick Head, der «Schlächter von Didcot» genannt, wieder einmal der Hut hoch: «Es gibt nicht viele Fahrer, die 40 Runden lang direkt hinter dem Leader herfahren, ohne diesen einmal anzugreifen.»
Ralf kennt die in Montreal wieder erwachten Vorurteile, leidet still und sagt: «Es war nicht möglich, Michael zu attackieren. Vor zwei Jahren habe ich in Montreal gegen Michael wegen der besseren Boxenstrategie gewonnen, diesmal eben verloren. Das ist in Ordnung. Ich wollte jetzt dem Team lieber diese acht wichtigen WM-Punkte nach Hause fahren.»
Zähler, die Vizeweltmeister BMW-Williams wieder näher an McLaren-Mercedes heranbringen – nur noch 64:76-Rückstand.
Dass Ralf als einziger Pilot in allen acht Rennen 2003 punktete und an 4. WM-Position liegt, interessiert viele bei BMW-Williams relativ wenig.
Sie wollen nur Siege sehen – wie in Monaco durch Pablo Montoya, dem erklärten Liebling des Williams-Teams. Wie auch im Lager von Motorenpartner BMW…
Montoya. Der Strahlemann mit dem Kämpferherzen. Immer aggressiv, immer am oder über dem Limit. In Kanada wurde der Kolumbianer 1,3 Sekunden hinter Ralf Dritter – warum hat er eigentlich nie seinen Teamkollegen angegriffen? Weil auch Pablo sagt: »Ich hatte keine Möglichkeit.»
Dabei hätte Montoya, einmal mehr, die Schelte der Medien und des Teams gehört. Schon am Ende der ersten Runde drehte er sich hinter Leader Ralf Schumacher, musste Ferrari-Schumi vorbeilassen – und fiel auf Rang fünf zurück. Schwach.
Aber da schweigt man höflich, fast wie in Melbourne, als Montoya im März 2003 kurz vor Schluss den sicheren Sieg mit einem Dreher wegwarf. Die lapidare Feststellung: Montoya fährt spektakulär, da kann so etwas eben passieren.
Man verzieh Montoya auch 2002 das enttäuschende Resultat nach dessen sieben Pole-Positionen – kein Sieg! Die letzten zwei Rennen stand übrigens Ralf Schumacher auf der Pole-Position… Ein BMW-Mann: «Aber was hat er daraus gemacht?»
Dem fünffachen Weltmeister Michael Schumacher bleiben die ständigen Attacken auf seinen Bruder natürlich nicht verborgen. Langsam wird der Wahlschweizer sauer.
Zu BLICK sagte er in Montreal: «Einige Leute sollten endlich aufhören, über meinen Bruder zu lästern. Er hatte hier keine Chance gegen mich, weil ich immer aufpasste, dass er sein Auto am Ende der langen Geraden bei Tempi gegen 350 nicht neben den Ferrari setzen konnte. Anders kommt man in Kanada nicht vorbei.»
BLICK: Hätten es hinter Ihnen Montoya oder Alonso riskiert?
Schumi: «Beide hätten ihre Harakiri-Aktion wohl damit bezahlt, dass sie geradeaus gedonnert wären und sich vom Rennen verabschiedet hätten.»
Und bei einer Feindberührung mit Ihrem Ferrari?
Schumi: «Da wäre ich echt böse geworden!»
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