Zwischen großen Serien und kleinen Urin-Mengen
Manchester/München - Für Andrij Shevchenko ist es wie eine Weltmeisterschaft. Für "La Repubblica" die "Partie des Jahrhunderts". Paolo Maldini wartet "seit acht Jahren voller Wut auf dieses Spiel". Und ein Mannschaftsarzt wirft en passant noch einmal Dopingvorwürfe in den Raum.
Bevor Milan und Juventus Turin in Old Trafford zum Finale um die europäische Krone antreten, bräuchte man ungefähr die Zeit und Länge der Bibel, um alle Geschichten, Fußnoten und Humoresken aufzuzählen.
Lippi zum vierten Mal im CL-Finale
Eigentlich verlief im Vorfeld alles recht harmonisch, bis Milan-Arzt Jean-Pierre Meersseman in einem Interview mit der belgischen Zeitung "La dernière Heure" zum Besten gab: "Als ich Juventus so aufgedreht gegen Real gesehen habe, habe ich mir schon einige Fragen gestellt. Wir sind in Topform. Wenn Juve läuferisch stärker als Milan sein sollte, fände ich das schon sehr bizarr."
Mit seinem Michelangelo-Gesicht vermied Juventus-Coach Marcello Lippi jeglichen Kommentar. Zum vierten Mal sitzt der Coach auf der Bank eines Champions-League-Finals und überholt damit Ottmar Hitzfeld und Fabio Capello. (Das Finale: ab 20.15 Uhr im Sport1-Live-Ticker)
Maldinis offene Rechnung
Damit hält Lippi den Rekord, wie auch den, gerauchter Zigarillos in 90 Minuten. "Zwei Mal habe ich das Finale schon verloren. Das reicht. Ich will zumindest eine Erfolgsquote von 50 Prozent."
Auch Milan-Ikone Paolo Maldini, der im sechsten Finale des Landesmeister-Pokals steht, hat noch eine Rechnung offen: "Seit der Niederlage gegen Ajax vor acht Jahren warte ich voller Wut auf diesen Moment. Innerlich tat es weh. Jetzt will ich endlich meinen vierten Titel. Wir tragen heute das weiße Trikot. Damit haben wir jedes Finale gewonnen."
Trapattoni: "Es kann alles passieren"
Vor fast genau 40 Jahren holte sein Vater Cesare auch als Kapitän den ersten europäischen Meistertitel mit den "Rossoneri". Auch in weiß. Mit dabei als Spieler war Giovanni Trapattoni. Kurios, dass "Trap" auch die ersten europäischen Meriten mit Juventus holte. 1977 als Trainer.
"In einem solchen Derby kann alles passieren", meinte Trapattoni. "Die kennen sich auswendig. Da kann niemand den anderen überraschen."
Gesperrter Nedved will auf die Bank
Pavel Nedved hätte für Überraschungsmomente sorgen können. Doch der Tscheche ist nach seiner Gelben Karte gegen Real gesperrt. "Das war die beste Saison meiner Karriere", meinte Nedved. "Aber seit dieser Sperre leide ich nur noch. Ich werde mich dann mit dem Weltpokal trösten."
Der Juventus-Spieler würde gerne mit auf der Bank sitzen. Eine Anfrage bei der Uefa läuft noch. "Ich könnte die Partie auf der Tribüne nicht ertragen. Auch weil ich es hasse, eine Krawatte anzuziehen."
Italiener mit Schiri-Wahl zufrieden
Für Nedved wird der eingebürgerte Argentinier Mauro Camoranesi auflaufen. "Eigentlich kann man jeden Spieler ersetzen", meinte Lippi. "Über einen langen Zeitraum ist es jedoch einfacher als nur in einem Spiel."
Auch ein Deutscher wird in Old Trafford dabei sein. Markus Merk leitet sein erstes Champions-League-Finale. "Das ist einfach ein Traum", meinte der Referee zu Sport1. Auch die Italiener sind zufrieden. "Ein Schiedsrichter wie Merk ist eine Garantie", kommentierte " La Repubblica".
Bequeme VIP-Reise
Über 50.000 Italiener werden die Invasion Großbritanniens starten. Einige haben 25 Stunden mit dem Bus gebraucht. Ein Milan-Fan ist sogar mit dem Motorrad angereist. 260 Juve-Fans müssen das Finale wohl am Römer Flughafen Fiumicino sehen. Ihr Flug am Mittwoch um 5.50 Uhr wurde gestrichen.
Da haben es die VIPs schon einfacher. 150 Abgeordnete fliegen zwei Stunden gemütlich von Rom aus in den englischen Norden. Juventus- und Milan-Edel-Fans getrennt natürlich.
Eiszeit zwischen Del Piero und Inzaghi
Auch Alessandro Del Piero und Filippo Inzaghi hielten bei der Pressekonferenz großen Abstand. Beide sind mit 29 Treffern die erfolgreichsten italienischen Stürmer in der Champions League aller Zeiten.
Doch in den vier Jahren zusammen bei Juventus Turin sind sie nie Freunde geworden. "Der spielt nie ab", beschwerte sich Del Piero häufig. "Soll er ruhig bester italienischer Torschütze werden", meinte die Nummer zehn am Dienstag. "Ich nehme dann gerne den Pokal mit den Ohren."
Ancelotti ewiger Zweiter
"Inzaghis Selbstverliebtheit wird nur noch durch sein Talent, Tore zu schießen, gesteigert", meinte der verstorbene Juve-Boss Gianni Agnelli immer. "Auch für den Avvocato wollen wir gewinnen", verriet Trainer Lippi. "Der schaut mit Sicherheit von oben zu."
Sein Gegenüber Carlo Ancelotti ist in Italien als ewiger Zweiter verschrieen. Mit Parma und Juventus wurde er drei Mal Vizemeister. "Jetzt reicht´s", meinte Ancelotti genervt. "Gebt mir den Pokal und dann ist endlich Ruhe mit diesem Zweiten-Geschwätz."
Reden dürfen auch die Spieler nach dem Schlusspfiff zuerst, bevor sie der Uefa die Urin-Kontrolle übergeben. 50 Milliliter fordert der europäische Verband übrigens von den zwei Auserwählten. Sollte Juventus gewinnen wird der Behälter wohl mit einem Lächeln auf den Lippen vollgemacht und Milan-Teamarzt Jean-Pierre Meersseman gewidmet.
Sport1.de
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Tschau
Stoner
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