Was macht eigentlich Bill Lochead?
Iserlohn, 10. Juli Bill Lochead war in den siebziger Jahren in der NHL für die Detroit Red Wings aktiv. Als Spieler machte er sich in Deutschland beim VFL Bad Nauheim und in Mannheim einen Namen als Torjäger. Als Trainer stand er in Ratingen und Iserlohn an der Bande. Wir wollten wissen, was der 49-jährige Kanadier Bill Lochead heute macht und konnten ihn für ein Interview gewinnen:
In den letzten Jahren ist es ein wenig still um Sie in der Eishockeyszene geworden. Was machen Sie heute?
Bill Lochead: Ich habe eine Investment-Planning Firma gegründet. Hierbei steht das Thema Altersvorsorge sowie allgemeine Finanzplanung im Mittelpunkt unserer Serviceleistungen. Dabei kümmern wir uns auch besonders um die Altersvorsorge und Sportinvaliditätsversicherung von Profisportlern. Ich habe selbst als Spieler und Trainer erlebt, welche besonderen Erfordernisse ein Spieler in diesen Bereichen hat.
Wir gehen sehr genau und individuell auf die jeweilige Situation des Spielers sowie dessen Familie ein. In den Gesprächen zeigt sich dann, welche Serviceleistungen der Spieler wirklich braucht, so dass im Bedarfsfall keine Unter- sowie Überversorgung auftritt.
Aufgrund dieser Beratertätigkeit entsteht in vielen Fällen ein Vertrauensverhältnis, das auch zur Vermittlung von Spielern an die Vereine führt. Die Spielervermittlung ist also eine weitere Facette unseres sogenannten "Full-Service Unternehmens".
Wo sind Sie tätig und welche Sportler betreuen Sie?
Bill Lochead: Wir arbeiten Europa weit. Momentan sind wir sehr stark im Eishockey engagiert. In naher Zukunft möchten wir auch im Basketball Spieler betreuen.
Seit wann betreiben Sie Ihre Investmentfirma?
Bill Lochead: Seit zwei Jahren. Die Firma heißt "Biock/Lochead asset planners oHG". Unsere Firma entwickelt sich gut und wächst stetig an. Hierbei ist es uns wichtig, dass wir unsere Serviceziele nicht aus den Augen verlieren, wir uns also selbst treu bleiben, da es unserer Meinung nach schon genügend größere Beratungsunternehmen gibt, die aufgrund ihrer Größe den persönlichen und intensiven Kontakt mit dem jeweiligen Spieler nicht mehr in ausreichender Weise halten können. Während meiner Eishockeyzeit in der NHL hatte ich eine große Beratungsfirma, die für mich tätig sein sollte. Leider konnte ich nie mit dem Berater direkt sprechen, sondern nur mit seinen Angestellten. Dies führte damals schon zu einer großen Enttäuschung und alle wichtigen Dinge musste ich doch selbst erledigen.
Sie sind anscheinend schon sehr früh zweigleisig gefahren und haben nicht alles auf Ihre Sportlerkarriere gesetzt. Es heißt, dass Sie 1982 den Kurs der Canadian Securities Commission absolviert haben und 1993 an der University of Western Ontario Ihren Betriebswirtschaftsabschluss erhalten haben. Ließen sich Hochleistungssport und Bildung gut miteinander vereinbaren? Schließlich waren Sie doch zu dieser Zeit in Bad Nauheim als Spieler (1982) und Iserlohn (1993) als Trainer aktiv.
Bill Lochead: Manche Kurse habe ich als "Intensivkurs" im Frühling oder Sommer, also in den spielfreien Monaten, absolviert. Das Studium ging aus diesem Grund über zwölf Jahre hinweg und war ein Fernstudium. Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig die Freizeit, die in der sog. Off-Season sowie in der Freizeit entsteht mit sinnvollen Dingen, wie Weiterbildung für die „After-Hockey-Zeit“ zu nutzen.
Bleibt bei so viel Engagement für die Firma noch Zeit für die Familie?
Bill Lochead: Ja, das lässt sich schon vereinbaren. Ich kann nun meine Freizeit wesentlich besser gestalten, als noch als Trainer. Als Trainer hat man eine unsichere Arbeitsstelle. Wenn der Leistungsträger plötzlich ausfällt und man daher einige Spiele verliert, ist man sehr schnell wieder weg. Ohne die Rückendeckung des Präsidiums kann man keine langfristigen Pläne machen. Aufgrund der Vereinswechsel gibt es auch Situationen, in welchen beispielsweise meine Familie noch in Ratingen wohnte und ich bereits als Trainer in Kassel gearbeitet hatte.
Verfolgen Sie noch das aktuelle Eishockeygeschehen und besuchen auch noch das eine oder andere Spiel?
Bill Lochead: Ja. Durch meine Arbeit besuche ich die Spieler, mit denen ich zusammen arbeite. Ich bin öfter in Bad Nauheim und Frankfurt. Aber nicht nur dort. Meine Tätigkeit lässt sich mit Eishockey gut verbinden.
Sind Sie auch in Iserlohn?
Wir haben Robby Sandrock nach Iserlohn vermittelt. Ich bin überzeugt, dass er wieder eine positive Überraschung für die Mannschaft ist. Manche sagen "Ja, er ist ein super Verteidiger in England, aber England ist nicht die DEL!“ Im Continental Cup hat er mit seiner Mannschaft Belfast den Schweizer National A-Verein Davos geschlagen sowie ganz knapp gegen Lugano verloren. In diesen Spielen hat Robby sehr überzeugend gespielt und sagt, dass er noch besser spielen könne. Sogar ein Schweizer National-A-Team hatte Interesse an ihm und bot ihm einen Vertrag bis Saisonende an. Das zeigt schon wie beachtlich seine Leistung in England ist. Deshalb bin ich überzeugt, dass er eine gute Leistung in der DEL zeigen wird. Er ist noch jung und entwicklungsfähig .
Sind Sie in Ihrer Firma mittlerweile so stark eingespannt, dass Sie an einem Traineramt gar kein Interesse mehr haben oder würden Sie bei dem "richtigen" Angebot noch einmal zusagen?
Bill Lochead: Grundsätzlich sollte man niemals nie sagen. Ich engagiere mich so stark für meine Firma, dass es im Moment zeitlich gar nicht möglich wäre. Irgendwann macht man die Entscheidung in welche Richtung man geht. Auf vier oder fünf Hochzeiten kann man nicht tanzen. Trainer sein macht viel Spaß und ich mache es gerne, aber in der Realität ist man maximal zwei oder drei Jahre an einer Stelle. So etwas wie Greg Poss in Iserlohn ,der sechs Jahre an einer Stelle war , Lance Nethery damals oder Bill Stewart heute in Mannheim sind Ausnahmen. Momentan wäre das für meine Familie nicht das Richtige.
Wäre bei Ihren Qualifikationen nicht der Job des Eishockeymanagers wie geschaffen für Bill Lochead?
Bill Lochead: Das könnte einmal ein Thema sein. Ich denke Sportmanagement ist ein wichtiges Thema. Das Problem im Sport ist oft das Missmanagement. Die drei Eckpfeiler eines erfolgreichen Sportmarketings sind meiner Meinung nach die harmonische Verflechtung der wirtschaftlichen und sportlichen Aspekte sowie qualifizierte Personalführungskompetenzen. Ein Thema, das mich auf alle Fälle reizen würde.
In Ihrer Karriere als Spieler haben Sie in Nordamerika und Europa viel erreicht. Sie haben etliche Spiele in der NHL bestritten, haben in All Star Teams gestanden und waren MVP in der Bundesliga. Welche Ihrer Stationen war für Sie persönlich die schönste?
Bill Lochead: Bad Nauheim hat sportlich sehr viel Spaß gebracht. Okay der Verein ist pleite gegangen, aber das hatten wir Spieler nicht unter Kontrolle. Es war dort eine gute Saison. Ich habe dort viele Tore geschossen. Wir hatten nicht viele gute Spieler, aber das, was wir erreicht haben, war erstaunlich. Damals hatten wir oft lediglich zwei Blöcken zur Verfügung.
Was würden Sie als Ihren größten Erfolg als Spieler und als Trainer bezeichnen?
Bill Lochead: Es war sicherlich ein großer Erfolg, den Sprung in die NHL geschafft zu haben. Dort konnte ich erstmals "richtige" Playoff-Luft schnuppern. Die Erfahrung dort war großartig, In den Playoffs das entscheidende Tor zu schießen war sehr schön, obwohl wir wussten, dass wir in der nächsten Runde gegen Montreal kaum eine realistische Chance hatten. Aber auch in Bad Nauheim und Mannheim hatte ich eine gute Zeit. Ich denke in Ratingen hatte ich meinen größten Erfolg als Trainer. Wir hatten den kleinsten Etat der Liga und sind im Mittelfeld der Tabelle gelandet und hatten somit die Playoffs erreicht. Das war so ähnlich, wie in diesem Jahr mit Iserlohn.
Und was als die größte Enttäuschung Ihrer Spieler und Trainerkarriere?
Bill Lochead: Ich würde nicht von Enttäuschung oder Fehlern sprechen, aber vielleicht hätte ich damals mit meiner Europakarriere noch etwas warten sollen. Wenn man sieht, dass damals für viele die Karriere mit 32 oder 33 Jahren beendet war. Aber es war, wie bereits gesagt, auch in Europa eine tolle Zeit.
Haben Sie noch Kontakt zu alten Mitspielern?
Bill Lochead: Ja es gibt noch einige , die ich in der Sommerpause hin und wieder treffe. Aber viele von ihnen sind auch sehr stark als Trainer oder Manager engagiert, so dass meistens nicht so viel Zeit bleibt.
Vor neun Jahren hatten Sie sich mit dem ECD Sauerland für die damals neu gegründete DEL qualifiziert. Dann kam für viele das überraschende Aus des ECD. Fühlten Sie sich damals um den Erfolg Ihrer Arbeit betrogen?
Bill Lochead: Ja, das kann man schon so sagen. Wir hatten trotz des Ausscheidens gegen Frankfurt unsere Leistung als Team erbracht. Der Konkurs kam für uns sehr überraschend. Die Enttäuschung war natürlich groß. Aber das ist das, wovon ich eben sprach. Das Missmanagement im Eishockey. Der Verein hatte damals wohl Altschulden, die zuviel waren. Es war enttäuschend für uns alle und ein wenig fühlten wir uns an der Nase herumgeführt. Schließlich hatten wir dort zuvor Zweijahresverträge unterzeichnet.
Worin sehen Sie die größten Unterschiede und Veränderungen zwischen Ihrer aktiven Bundesliga-Zeit in den 80'ern und heute?
Bill Lochead: Es ist die Anzahl der ausländischen Spieler. Damals waren es zwei Ausländer und der Rest Spieler aus Deutschland. Wer das meiste Geld hatte, der bekam auch die besten deutschen Spieler. Man konnte damals vor der Saison besser abschätzen, wer um die Meisterschaft mitspielt. Das waren meistens drei bis vier Vereine, die die besten deutschen Spieler hatten. Oft waren Köln, Mannheim oder Rosenheim vorne dabei. Teams wie Freiburg oder Iserlohn konnten damals nicht um die Meisterschaft mitspielen. Heute ist das anders. Krefeld in der DEL und Freiburg als Aufsteiger haben es gezeigt, was man schaffen kann. Es spielten ja schon mal bis zu 16 ausländische Spieler in einem DEL Team. Ich meine, dass damals auch die Zweite Bundesliga ausgeglichener war, weil dort wegen der begrenzten Anzahl der Ausländer in der Bundesliga auch sehr starke Ausländer spielten. Das ist heute nicht mehr ganz so. Mittlerweile reduziert man aber wieder die Anzahl ausländischer Spieler in der DEL.
Sie sind mit Ihrer Firma in der Nähe von Bad Nauheim ansässig und leben dort seit einigen Jahren. Würden Sie die Wetterau als Ihre zweite Heimat bezeichnen?
Bill Lochead: Ja, das kann man so sagen. Ich bin zwar auch oft weg, aber eigentlich bin ich seit meiner Zeit in Bad Nauheim und Mannheim immer in dieser Gegend gewesen
Durch die räumliche Nähe sind Sie auch sehr nah am Geschehen beim EC Bad Nauheim dran. Was trauen Sie den roten Teufeln zu? Können Sie in absehbarer Zeit In die DEL aufsteigen?
Bill Lochead: Ich denke schon, dass sie das einmal schaffen können. Nauheim hat eine gute Mannschaft und mit Herrn Koal einen guten wirtschaftlich kompetenten Mann. Peter Obresa macht dazu gute Arbeit. Okay das Stadion müsste bei einem Aufstieg schon ein wenig renoviert werden, aber so ein Aufstieg kann ja auch ein Auftrag für eine Stadt sein.
Was macht Bill Lochead in seiner Freizeit und wo verbringt er gerne seinen Urlaub?
Bill Lochead: Ich spiele gerne Golf. Mittlerweile kann ich auch schon Golf mit meinem 14-jährigen Sohn spielen. Außerdem spiele ich Inlinehockey hier in Bad Nauheim. mit dem GrizzlysTeam in der zweiten Mannschaft. Die erste Mannschaft spielt in der Bundesliga u.a. mit Carsten Gosdeck.
Auch Italien gefällt uns sehr gut für Kurzreisen. Unseren Urlaub verbringen wir meistens in meiner Heimat und genießen ihn sehr.
Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben und uns so ausführlich Rede und Antwort gestanden haben.
(Ein Bericht von http://www.hockeywelt.de)